08. Mai 2014

Werner Elflein sagt: “Birkweiler Kastanienbusch: Wolf kann’s!”

Der Birkweiler Kastanienbusch zählt zu den bekannten und herausragenden Weinbergslagen der südlichen Pfalz. Mit bis zu 30 Prozent Steigung erreicht er eine Höhe von 320 Metern über dem Meeresspiegel. Kaum ein anderer Weinberg in der Pfalz kann dies toppen. Durch einen bewaldeten Höhenzug im Westen ist der Kastanienbusch vor kalten Winden bestens geschützt. Doch ist der »Keschdebusch«, wie ihn die Einheimischen nennen, keine einfach zu bewirtschaftende Lage. Die Böden verfügen nur über eine geringe Fähigkeit, Wasser zu speichern. So kann es in manchen Jahren leicht zu Trockenstress kommen – und zum unwillkommenen Besuch von Tante UTA.

Die heterogene Bodenstruktur des Kastanienbuschs beschreiben zu wollen, grenzt an eine Promotionsarbeit. Nur soviel: Tonangebend sind Rotliegend und Buntsandstein, in manchen Teilen der Lage finden sich darüber hinaus auch Schiefer und Kalkmergel.

Als Toperzeuger für Weine aus dem Kastanienbusch galten bisher in erster Linie die VDP-Weingüter Ökonomierat Rebholz und Dr. Wehrheim. Doch aus dieser Doppelspitze könnte demnächst ein Triumvirat werden. Denn ausgerechnet mit dem schwierigen Jahrgang 2013 betritt ein junger Winzer aus Birkweiler die Bildfläche. Und der zeigt den bisherigen Platzhirschen quasi aus dem Stand, wo im Kastanienbusch das Geweih hängt.

Das Weingut Wolf in Birkweiler galt bisher als Geheimtipp. Galt. Denn mit seinen Weinen, die er in diesem Jahr auf der ProWein präsentierte, schießt sich der junge Mathias Wolf gerade von Null auf Hundert.

Bereits der 2013er Gutsriesling (A. P. Nr. 5012146 6 14) macht Spaß. Blassgelb in der Farbe, in der Nase noch mit Gäraromen, die sich langsam auf dem Rückzug befinden, und mit dem Duft von Birne und Pfirsich. Die Probleme des Jahrgangs – die Gutsrieslinge vieler renommierter Weingüter sind ein Lehrbeispiel für die Folgen massiver Entsäuerung – erscheinen hier inexistent. Auf der Zunge zupackend und geradlinig, in seiner Aromatik dem ersten Eindruck in der Nase entsprechend und mit einem ausgewogenen Verhältnis von Süße und Säure. Ein Wein, der nach Meeresfrüchten an einem heißen Sommertag schreit. (81)

Obwohl nominell nur Ortswein, zeigt der Birkweiler Riesling trocken »aus dem Buntsandstein« (A. P. Nr. 5012146 15 14) seine Herkunft aus der großen Lage. Volles Zitronengelb. Feine, elegante Nase mit leichter Pflanzlichkeit. Anfangs klarer Pfirsich- und Litschiduft. Verändert sich im Glas über Stunden hinweg und zeigt immer wieder neue Nuancen. Bei 13% vol. Alkohol kein Leichtgewicht, dennoch trägt hier letztlich die Eleganz den Sieg über die Opulenz davon. Erinnert in seiner Struktur und Fruchtigkeit frappierend an einen Forster Elster. Wäre da nicht die etwas kraftvollere Art des Südpfälzers… Authentisch und ungeschminkt, besticht der in sich ruhende Interpret des Buntsandsteins durch eine nahezu perfekte Ausgewogenheit seiner Inhaltsstoffe. Gut eingebundene Säure ohne »Spitzen«. Keine Bitternote, keinerlei Adstringenz. Hervorragende Länge und Tiefe. Und das für gerade einmal 7,90 € ab Weingut. (89)

Ein wenig kantiger wirkt der gleichaltrige Zwillingsbruder „aus dem Rotliegenden“ (A. P. Nr. 5012146 16 14). Farblich identisch, in der Nase etwas reduzierter, deutlich ernsthafter als das Charmin-Bärchen vom Buntsandstein, wieder mit pflanzlichen Noten. Hineinriechen ins Glas bringt zarte ätherische Noten und die Erinnerung an Marzipan (als Bestandteil einer Buttercremetorte) hervor, ansonsten duftet der erkennbar vom Rotliegend geprägte Riesling im Hintergrund nach roten Beerenfrüchten, insbesondere Himbeere und reife Walderdbeere. Die recht dezente Frucht ist gut mit der Struktur des Weines verwoben. Mit deutlichem, vom Boden induzierten Säurekick. Ebenfalls mit hervorragender Länge und Tiefe. (88)

Eine Art »Großes Gewächs« hat Mathias Wolf auch zu bieten. Das nennt sich Birkweiler Kastanienbusch Riesling trocken »aus dem Schiefer« (A. P. Nr. 5012146 19 14) und wirkt anfangs völlig verschlossen. Dann, nach mehreren Stunden Luft, die Metamorphose: In der Nase eine deutliche Schiefernote und ein Hauch von Quitte. Ein Schaf im Wolfspelz: zunächst mächtig und monolithisch, an der Luft und mit etwas zunehmender Trinktemperatur immer feiner werdend. Signalisiert mit jedem Schluck, dass hier ein großer trockener Riesling heranwächst. Anspruchsvoll und aristokratisch anmutend, mit ausgewogener, reifer Säure. Nicht ganz so trocken schmeckend wie die Ortsweine. Zeigt auf der Zunge leichten Widerstand. Benötigt unbedingt mehrere Jahre Reife und dürfte erst in vier/fünf Jahren zeigen, was wirklich in ihm steckt. Farblich übrigens den Ortsweinen entsprechend. (92)

Verlassen wir den Riesling und kommen zum hell zitronengelb leuchtenden Birkweiler Kastanienbusch Weißer Burgunder trocken »aus dem Tonneaux« (A. P. Nr. 5012146 20 14). Auch dieser Wein steht auf der Stufe eines »Großen Gewächses« und benötigt – wie der Riesling zuvor – unbedingt sehr viel Luft. Anfangs strömen noch deutliche Zitrus- und leicht buttrige Aromen aus dem (Burgunder-)Glas (der Firma Riedel) in die Nase. Nach rund vier Stunden dann ein deutlich differenzierteres Geruchsprofil. Der Weiße Burgunder duftet nun recht ätherisch, nach Menthol. Assoziationen an eine (mit Schokolade überzogene) Geleebanane kommen auf. Dieser Duft verdrängt jegliche Fruchtigkeit. Im Mund entsteht als Fortsetzung der olfaktorischen Wahrnehmung eine eindringliche ätherische Frische. Zeigt am Gaumen eine sehr gute Präsenz, ohne übermäßig Druck aufzubauen. Trotz hoher Konzentration kein fettleibiger »Maulstopfer«. Zartcremig. Tropische Früchte. Papaya. Verfügt über hervorragende Länge und minutenlangen Nachhall. (91)

Der »kleine Bruder« des Weißen Burgunders ist der Chardonnay trocken »aus dem Tonneaux« (A. P. Nr. 5012146 21 14). Die Trauben für den Wein sind nicht im Kastanienbusch, sondern im Birkweiler Mandelberg – ebenfalls eine Große-Gewächs-Lage – herangereift. Ausgeprägte »Kirchenfensterbildung« an der inneren Glaswand. Blasses Strohgelb. Duftet nach gelbem Curry in einer Ananas-Curry-Sauce, es fehlt nur noch das Hühnchenfleisch. Der Holzeinsatz selbst ist nur indirekt spürbar und kann als Erklärung für die Komplexität des Dufts dienen. Auf der Zunge eine Spur cremiger als der Vorgänger. Die Fruchtigkeit ist noch verdeckt und unentwickelt. Animierende, gut integrierte Säure. Schmeckt sehr trocken. Hervorragende Länge. Ein Wein mit Zukunft. Ein Chardonnay, der sich nicht an den internationalen Stil anbiedert, sondern Eigenständigkeit wagt. (89)

 

Die Bewertung der Weine steht in Klammern am Ende des Absatzes. Hier ist die Punkteverteilung zu finden
Quelle: http://www.wernerelflein.de/?p=2525

 


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